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Conte

Ex-Ministerpräsident Gentiloni von den Linksdemokraten bei der Übergabe der Regierungsgeschäfte an Conte 2018. Nun holt Conte Gentilonis abgewählte Partei wieder zurück in die Regierung.

4. September 2019 / 14:57 Uhr

Giuseppe Conte: Vom Parteilosen zum Durchführer des Putsches der EU-Eliten

Giuseppe Conte feilt am Programm der neuen Linksregierung Italiens. Conte, der 2018 nur eine Notlösung war, ist nun zur zentralen Figur eines stillschweigenden Putsches der EU-Eliten geworden. Der Ministerpräsident wird am Nachmittag mit einer Ministerliste bei Staatschef Mattarella erwartet.

Nicht die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die in einer Mitgliederabstimmung gestern, Dienstag, grünes Licht für den Koalitionswechsel gegeben hat, und auch nicht die Linksdemokraten (PD) halten die Zügel der Operation Linksregierung in der Hand, sondern der (noch) parteilose Conte. Sein Rücktritt als Ministerpräsident löste die Regierungskrise aus und stürzte die bisherige Koalition aus M5S und Lega.

Vermittler zwischen ungleichen Partnern

Der Parteilose war im Juni 2018 nur als Notlösung Regierungschef geworden, weil die beiden ungleichen Partner M5S und Lega und ihre Vorsitzenden Luigi Di Maio und Matteo Salvini sich gegenseitig durch ein Veto blockierten. Beide wurden dann gleichberechtigte Vize-Premiers. Die Aufgabe Contes bestand darin, den M5S aus der bisherigen Mehrheit herauszuführen und in eine neue Mehrheit hineinzuführen. Keine Kleinigkeit, wenn man bedenkt, dass er dem M5S nicht angehört.

Nachwuchsschmiede für linkskatholische Politiker

Conte ist ein Zögling der römischen Villa Nazareth, eines 1945 gegründeten Universitätskollegs, das zur Nachwuchsschmiede für linkskatholische Politiker wurde. 1982 stellte Conte den Antrag um Aufnahme in das Kolleg, das als „kleines, römisches Oxford“ bekannt ist. Dort kam er unter die Fittiche des mächtigen Vatikandiplomaten Achille Kardinal Silvestrini, Kopf der „Progressiven“ in der Römischen Kurie und überzeugter EU-Verfechter.

Da der M5S bei den Wahlen vor eineinhalb Jahren 32,8 Prozent, die Lega 17,4 Prozent erzielt hatte, war klar, dass der Ministerpräsident parteilos, aber dem stärkeren Koalitionspartner nahestehen würde. Da Conte weitgehend unbekannt war, dürfte die für Villa Nazareth charakteristische Vernetzung wenigen in der Lega bewusst gewesen sein.

Verhandlungen mit der radikalen Linken

Derzeit verhandelt Conte mit der radikalen Linken LeU. Es scheint, dass sie ein Ministerium für ihre vier Senatoren-Stimmen fordern. Das wäre dann tatsächlich „die linkeste Regierung“, die Italien je hatte, wie Lega, Fratelli dÍtalia und Forza Italia sagen. Das stimmt objektiv, denn bisher gab es nur Mitte-links-Koalitionen. Heute sollen die Ministerien verteilt werden, morgen die Regierung Conte 2 vom Staatspräsidenten angelobt werden. Dann folgt die Vertrauensfrage im Parlament.

Zusicherungen aus Brüssel

Conte wurde nicht erst beim G7-Gipfel vom Koalitionswechsel in Biarritz „überzeugt“. Die Verhandlungen scheinen schon länger stattgefunden zu haben. Stefano Fontana, viele Jahre Ex-Innenminister Matteo Salvinis Mann im EU-Parlament, sagte es so:

Die Eurokraten versuchen es mit allen Mitteln: sie kontaktieren dich, schmeicheln dir, umwerben dich, machen verlockende Angebote. Da muss man hart bleiben, sonst springt man auf ihren Karren auf. Conte ist auf ihren Karren aufgesprungen.

Ihm wurde „Entgegenkommen“ bei den Staatsfinanzen zugesichert und mitgeteilt, dass unter einer Linksregierung gegen Italien kein Verfahren eingeleitet werde.

Parallelen zur österreichischen Regierungskrise

Im Hintergrund der italienischen Regierungskrise stehen Kräfte, denen Volkswahlen ein lästiges Übel scheinen. Sollte sich die Mehrheit des Volkes doch einmal der Lenkung entziehen und anders wählen, als von „den Eliten“ gewünscht, sucht und findet man Wege, wie Corriere della Sera schrieb, dennoch das gewünschte „Ergebnis“ zu erzielen – wie die Regierungskrise in Österreich zeigte und nun auch jene in Italien.

Auch in Italien dachten einige zunächst an eine Übergangsregierung, und auch in Italien sollte dazu die bisherige Vize-Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs als Regierungschefin installiert werden. Sicher nur ein Zufall, und doch erinnert das Drehbuch ziemlich exakt an Österreich.

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