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Wenn ein Asylbescheid rechtskräftig negativ ist, endet die Lehre automatisch.

19. November 2019 / 15:28 Uhr

Nach Schubhaft: Hossein K. darf Lehre nicht beenden

Die Diakonie braucht sich keine Hoffnung machen, dass ein bereits rechtskräftig abgelehnter Asylwerber zu „seinem Lehrplatz zurückkehren kann“. Die Rede ist von Hossein K. jenem Asyl-Lehrling, der nach einem negativen Asylverfahren in Schubhaft genommen wurde, aber einen Folgeantrag stellte und daher nicht abgeschoben wurde. Auch auf politischer Ebene scheinen sich die Parteien ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS nicht einig zu werden.

Rechtslage ist eindeutig

Medienanfragen ergaben, dass die Gesetzeslage – wie sie von Unzensuriert bereits mehrfach erwähnt wurde – eindeutig ist. Bekanntlich regelt das Berufsausbildungsgesetz (BAG), dass eine Lehre automatisch endet, wenn es einen rechtskräftig negativen Asylbescheid gibt. Die Frage war, ob ein Folgeantrag dennoch zu einer Fortsetzung der Lehre führen kann, was das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), das AMS (Arbeitsmarktservice) und das Sozialministerium verneinten.

Zuerst wurde eine Medienanfrage an das BFA gestellt. Die Antwort:

Hintergrund: Gemäß § 14 Abs 2 lit f Berufsausbildungsgesetz – BAG endet ein Lehrverhältnis vorzeitig, wenn ein Asylverfahren des Lehrlings „mit einem rechtskräftigen negativen Bescheid“ beendet wurde. Gemäß § 7 Abs 6 Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG erlischt eine Beschäftigungsbewilligung mit Beendigung der Beschäftigung des Ausländers. Insofern ist wohl davon auszugehen, dass mit dem rechtskräftig „negativen“ Abschluss des Asylverfahrens das Lehrverhältnis eines Lehrlings, der Asylwerber ist, endet und die Beschäftigungsbewilligung für diesen Fremden erlischt.

Ob das auch der Rechtsansicht des AMS, des BMASK und des BMDW entspricht, ist dem BFA nicht bekannt.

Drei weitere Anfragen eingebracht

Nachdem Unzensuriert auch von den drei genannten Institutionen eine Auskunft haben wollte, wurden Medienanfragen verschickt ohne aber die Rechtsmeinung des BFA anzuführen.

Die im AMS zuständige Abteilung Ausländerbeschäftigung, EURES und Beschwerdemanagement gab wie folgt Stellung:

Aus Sicht des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – und ohne die Zulässigkeit oder Nichtzulässigkeit eines Folgeantrags iS von § 12a AsylG untersuchen zu wollen – wäre eine “Fortsetzung” des ex lege beendeten Lehrverhältnisses nicht möglich. Es müsste bei Wiederzuerkennung des Asylwerberstatus eine neue Beschäftigungsbewilligung beantragt werden.

Das Sozialministerium antwortete:

Zum BAG ist anzumerken, dass dieses Gesetz beim BMDW liegt. Nach § 14 Abs. 2 lit. f BAG endet das Lehrverhältnis – ex lege – automatisch, sobald ein rechtskräftig negativer Asylbescheid vorliegt, unabhängig davon, ob sich der Asylwerber bereits in Schubhaft befindet oder nicht. Es bedarf keiner zusätzlichen Kündigung. 

Nach § 7 Abs.6 Z 1 AuslBG erlischt auch die dem Lehrverhältnis zugrundeliegende Beschäftigungsbewilligung mit der Beendigung der Beschäftigung automatisch. Ein Widerruf der Beschäftigungsbewilligung ist nicht erforderlich. Aufgrund dieser Regelungen lebt das Lehrverhältnis im Fall eines Folgeantrages auf Asyl in der Schubhaft auch nicht wieder auf.

Ausständig ist noch die Antwort des Wirtschaftsministeriums, die in den Beitrag eingearbeitet wird.

Wie bereits zu erwarten war, sind sich die Parteien, die faktisch wollen, dass Asylwerber ihre Lehre fortsetzen können, auch nicht einig. Zu unterschiedlich sind die Interessen. Die FPÖ hat ohnehin einem Gespräch im Innenministerium eine klare Abfuhr erteilt.  Das Innenministerium hat einen Gesetzesvorschlag gemacht, der nur der ÖVP gefällt. Der Standard hat darüber berichtet.

Dürfen Asylwerber nach neun Monaten arbeiten?

Der Standard schreibt außerdem, dass eine EU-Richtlinie vorschreibt, dass Österreich Asylwerbern nach neun Monaten effektiven Zugang zum Arbeitsmarkt gewähren muss. Das ist in der Form aber wohl nicht ganz richtig.

Die EU-Richtlinie 2013/33 (Aufnahmerichtlinie) besagt in Artikel 15:

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat und diese Verzögerung nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden kann.

Wesentlich ist der Zusatz „sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstanzliche Entscheidung erlassen hat“. Das heißt: Wenn das BFA einen negativen Bescheid innerhalb von neun Monaten erlassen hat, dürfte der Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß diesem Gesetz nicht mehr zulässig sein. Und ein negativer Asylbescheid ändert auch nichts daran, dass das Lehrverhältnis automatisch beendet ist.

Nachdem eine Einigung auf politischer Ebene so schnell nicht möglich sein wird, dürften Gesetze erst in Kraft treten, wenn sie nicht mehr angewendet werden müssen.

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Ergänzung mit Stand 16 Uhr 19.11.2019

Das Wirtschaftsministerium macht es sich mit seiner Beantwortung sehr einfach und schreibt:

Wir danken Ihnen für Ihre Anfrage und verweisen in diesem Zusammenhang auf den parlamentarischen Diskussionsprozess.

Passend dazu sind da aktuelle Meldungen, die Unzensuriert.at schon vor Tagen prophezeit hat. Nämlich, dass es so schnell keine Einigung geben wird.

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