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Rechtsansicht - Susanne Fürst

Susanne Fürst erkennt in dem auch für Österreich geplanten Netzwerkdurchsetzungsgesetz ein Instrument zur Unterdrückung unliebsamer Meinungen.

23. Feber 2020 / 18:44 Uhr

NetzDG: Was wird da durchgesetzt – geltendes Recht oder Einheitsmeinung?

Die aktuelle Bundesregierung baut eifrig eine Stimmung auf, welche ein Gesetz gegen den „Hass im Netz“ und gegen „Fake News“ unausweichlich erscheinen lassen soll. Assistiert wird sie bereitwillig von zahllosen Medienberichten über angeblich grassierenden Rassismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit und insbesondere unerträglichem Rechtsextremismus im Netz.

Kommentar von Dr. Susanne Fürst

Sowohl Bundeskanzler Sebastian Kurz als auch Justizministerin Alma Zadic möchten dabei das entsprechende deutsche Vorbild – das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) aus dem Jahr 2017 – nachahmen. Dies lässt erschaudern. Warum? Zur Erklärung benötigen wir einen Blick zurück in das zweite Halbjahr 2015.

Blick zurück in das Jahr 2015

Bundeskanzlerin Merkel öffnet die deutschen Grenzen für Millionen illegale Einwanderer aus dem arabischen und nordafrikanischen Raum. Sie bezeichnet dies als „alternativlos“ und meint, man könne die Grenzen ohnehin nicht schützen (und dies als Kind der DDR!). Ihre deutschlandverändernde Aktion im Alleingang – ohne Befassung des Bundestags, praktisch per „Kanzlerindekret“ – konnte sie unter akkordiertem, weitgehend unkritischem Applaus der Medien setzen.

Im Abseits: die Bürger. In den sozialen Netzwerken entlädt sich ihre Kritik, ihre zunehmende Wut und Fassungslosigkeit. Das sind keine Unmenschen, aber sie merken, dass die im TV gesendeten Bilder und Berichte über die vom Krieg geflüchteten Familien und top-ausgebildeten Fachkräfte nicht im Geringsten mit ihren Wahrnehmungen an den öffentlichen Plätzen übereinstimmen. Ihre Beobachtungen und ihr kritisches Hinterfragen finden sich in der veröffentlichten Meinung nicht und sie kommen nicht zu Wort. Im Gegenteil werden diese Meinungen, Argumente und jede Kritik an dieser Politik zunehmend pauschal als „Hass“ und „Hetze“ abgestempelt. Der Begriff „Hate Speech“ ward geboren!

Listige Tatsachenverdrehung durch Heiko Maas

Das deutsche Vorbild im Kampf gegen Hass im Netz hat also in Wahrheit keineswegs zu tun mit der vorgeschobenen Argumentation vom damaligen Justizminister und Schöpfer des NetzDG: Heiko Maas. Er tarnte sein Projekt listig damit, dass endlich das in der realen Welt im persönlichen Umgang geltende Recht und Gesetz auch in der digitalen Welt im Netz durchgesetzt (daher der Name!) werden müsse; dass es nicht sein könne, dass Facebook & Co über dem Gesetz stehen und dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein dürfe. Er stellte jede Strafverschärfung und jeden Eingriff in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit in Abrede und meinte, im Gegenteil, das Gesetz würde das Grundrecht schützen, denn die Hass-Postings und die verbale Verrohung im Netz würden die Meinungsfreiheit bedrohen.

Schlechte Erfahrungen mit „Fake News“

Wenn man nun glauben würde, das zweite zu bekämpfende Element im Netz – die „Fake News“ – hätte eine sachlichere Rechtfertigung als die Unterdrückung von Kritik: mitnichten. Anbieten würde sich hier die Bekämpfung von falschen, irreführenden und insbesondere auch unterlassenen Meldungen in den klassischen Medien im Zusammenhang mit den Vorgängen im Jahr 2015. Doch laut Minister Maas habe es schlechte Erfahrungen mit Falschmeldungen im US-Wahlkampf 2016 gegeben (!). Der Begriff „Fake News“ und die Notwendigkeit, diese zu bekämpfen, ward geboren! In Wahrheit war man offensichtlich bestürzt darüber, dass der falsche Kandidat aus dem US-Wahlkampf als Sieger hervorging. Nicht die von den deutschen Medien gehätschelte Hillary Clinton, sondern der in Grund und Boden verteufelte Donald Trump.

Der wahre Hintergrund der Entstehung des NetzDG ist die beabsichtigte massive Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit.

Sehen wir uns nun an, wie das NetzDG aufgebaut ist und wie sich die Praxis und Vollziehung des Gesetzes darstellt.

Aufbau des NetzDG

Die „Rechtsdurchsetzung“ des geltenden Strafrechts in der digitalen Welt sollte wie folgt realisiert werden:

  • Einrichtung eines wirksamen Beschwerde- und Meldesystems bei Plattformbetreibern von über zwei Millionen Nutzern, welche für die Nutzer leicht zugänglich und ständig erreichbar ist.
  • Zügiges Bearbeiten von Nutzerhinweisen auf eventuell strafbare Inhalte im Netz; d.h. Prüfung und Löschung gemeldeter offensichtlich rechtswidriger Inhalte binnen 24 Stunden; bei gemeldeten komplexeren, nicht offensichtlich rechtswidrigen Fällen ist binnen sieben Tagen über die Löschung zu entscheiden.
  • Die Anbieter können die Entscheidung über die komplexeren Fälle an eine Art freiwillige Selbstkontrolle (in der Gesetzessprache eine anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung) abgeben. Reguliert, weil die Einrichtung gesetzlich eingerichtet, staatlich zugelassen und vom Justizministerium überwacht sein muss. Die Betreiber zahlen dafür.
  • Herausgabe der Kontaktdaten der Verfasser der Hass-Postings an die Beschwerdeführer, damit sie gegen diese vorgehen können (z.B. Begehren auf Unterlassung).
  • Bei Nicht-Funktionieren des Meldesystems und Nicht-Löschen strafrechtswidriger Inhalte drohen Strafzahlungen bis zu 50 Millionen Euro.
  • Hingegen keine Sanktionen für Overblocking; d.h. auch das extensive bzw. willkürliche Löschen von Inhalten, welche kein Gesetz verletzen – und damit das extensive Eingreifen in die Meinungsfreiheit – bleibt folgenlos.

Lieber mehr löschen, als eine Millionenstrafe riskieren

Kurz zusammengefasst: Unter Androhung von extrem hohen Bußgeldern werden Plattformbetreiber dazu veranlasst, Hinweise auf vielleicht strafbare Inhalte unter großem Zeitdruck zu bearbeiten und vorsichtshalber zu löschen („lieber mehr löschen, als eine Strafe riskieren“). Bewertet wird das Vorliegen des angeblich strafbaren Inhalts von Mitarbeitern von Facebook & Co. Gegen die Entscheidung der Löschung oder Verhängung einer Sperre kann man sich nur unter großem anwaltlichem Aufwand mit Klage wehren. Dies bedeutet, dass Facebook, YouTube oder Twitter – bzw. deren vermutlich unterbezahlte Mitarbeiter – über das Vorliegen einer strafrechtlich relevanten Handlung, welche die Löschung bzw. Sperre rechtfertigt, entscheiden. Kein Gericht, sondern der gewinnorientierte globale Konzern und dessen Konzernpolitik entscheiden über den Grundrechtseingriff. Bei Irrtümern oder Fehlentscheidungen bleibt der Eingriff in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ohne Folgen.

Privatisierung des Grundrechtsschutzes

Macht der Konzern von der Möglichkeit der Betrauung einer anerkannten Einrichtung der regulierten Selbstregulierung Gebrauch, entscheidet eine Stelle, welche vom Justizministerium (!) überwacht wird, und ebenfalls kein Gericht. Es findet hier also die Auslagerung einer staatlichen – justiziellen – Aufgabe an Konzerne (bzw. an das Bundesamt für Justiz, eine Oberbehörde im BMJ) statt; gleichsam eine Privatisierung von Grundrechtsschutz. Nichts weniger als ein Tabubruch, der vermeintlich seit dem Zusammenbruch des kommunistischen DDR-Systems, in dem die Apparatschiks die Auslegung der Staatsbürgerrechte vornahmen, undenkbar war. Man war der Meinung, dass in einer echten Demokratie ausschließlich unabhängige Gerichte über Grundrechtseingriffe zu entscheiden haben.

Gelöscht wird Kritik an Massenmigration, Islam und Klimahysterie

Wie sehen nun die gelöschten Inhalte aus, welche nach Ansicht von Facebook & Co. einen Tatbestand der strafrechtlich relevanten Beleidigung, der üblen Nachrede, der gefährlichen Drohung oder der echten Verhetzung erfüllen? Es gibt bereits erkennbare Tendenzen (auch aufgrund der bereits vor der Erlassung des Gesetzes geübten Praxis von Facebook), welche Gruppen bzw. Meinungen besonders „löschungsgefährdet“ sind:

  • Postings und Kommentare von Kritikern der unkontrollierten und massenhaften Einwanderung; so wurden z.B. die Wortschöpfung „Massenimmiggression“, die Meldung „Flüchtling filmt die Küche seiner Unterkunft in Heilbronn und beschwert sich, dass die Deutschen nicht zum Putzen kommen“ oder die ironische Feststellung „Nein, die Kriminalität ist nicht gestiegen! Indianerehrenwort!“ gelöscht. Ebenso der Link eines Users, der einen Focus-Artikel teilte, in dem der libysche Ministerpräsident vor „IS-Kämpfern auf Flüchtlingsbooten“ warnt.
  • Postings von Islamkritikern und Meldungen, die sich gegen die Islamisierung Europas richten. So hat der prominente Regisseur, Drehbuchautor und Fernsehjournalist Imad Karim schon mehrere Dutzend Sperren hinter sich. Er flüchtete aus dem Libanon nach Deutschland und ist liberaler Muslim. Er beschäftigt sich kritisch mit der Frage der Flüchtlingsproblematik und des politischen Islam und weist auf dessen Gefahren für die westliche Gesellschaft hin. Die Reaktion von Facebook: zahllose Sperren ohne Begründung.
  • Auch nicht gerne gesehen: Meldungen, die sich gegen die international verordnete Klimahysterie wenden. So kommentierte ein User den Artikel „Klimawandel: Emma (18) will die Welt dazu bringen, keine Kinder mehr zu bekommen“ kritisch, indem er darauf hinwies, dass lediglich Deutschland diese Klimavorgaben ernst nehmen und sich dabei ruinieren werde, während die restliche Welt sich darum nicht kümmern würde. Für Facebook „Hassrede“, welche gelöscht und der User mit einer 24-Stunden-Sperre belegt wurde (!).
  • Nicht gerne gesehen sind auch Kommentare, welche das Konzept der traditionellen Familie stützen (sich gegen Gender-Auswüchse stellen) oder die liberale Wirtschaftsordnung mit Leistungsprinzip positiv erwähnen.
  • Sehr oft betreffen die Löschungen und Sperren mittlerweile die (politische) Satire. Humor und Selbstironie waren schließlich auch in der DDR bei der politischen Führung nicht gefragt.

Nicht gelöscht werden Beleidigungen gegen AfD-Politiker und sonstige „Rechte“

Im Gegensatz dazu nur ein ganz kleiner Auszug von Beispielen, die trotz Meldung keine Löschung zur Folge hatten:

  • Star-Heimkehrer Deniz Yüzel äußerte online, der nächste Schlaganfall möge bei Thilo Sarrazin seine Arbeit hoffentlich gründlicher verrichten.
  • Der Tod des angeblich rechten Autors Udo Ulfkotte Anfang 2017 wurde offen von Linken bejubelt.
  • Gröbste verbale Entgleisungen und bildliche Gewaltdarstellungen in Verbindung mit AfD-Funktionären und gegen rechte, konservative Ansichten. Ich möchte die Aussagen aufgrund der enthaltenen Gewalt hier nicht wiederholen.
  • Generelle Beschimpfungen der gröbsten Art gegen Deutsche.
  • Das verbreitete Zeigen von Enthauptungen von Christen z.B. in Ägypten und das Zeigen der Leichen; wie überhaupt das ausufernde Zeigen von exzessiver Gewalt niemanden stören dürfte.
  • Nicht zuletzt darf Jan Böhmermann die Österreicher pauschal als acht Millionen Debile bezeichnen, denn das sei Satire. Dies wurde letztlich sogar von einem Gericht so gesehen (!).

Instrument zur Unterdrückung von Meinungen

Diese Auflistung zeigt ganz deutlich, welche Richtung die Praxis nimmt und welche Äußerungen vom NetzDG unter dem Titel der Hassrede verboten werden sollen. Es mag auch gerechtfertigte Löschungen und Sperren geben; und Ansätze wie die Einrichtung einer effizienten Meldestelle für die User sind ebenfalls sinnvoll. Doch in dieser Ausgestaltung schafft das Gesetz ein Instrumentarium, welches die Unterdrückung von Meinungen durch private Konzerne weit über das geltende Strafrecht hinaus ermöglicht. Es können mit den unscharfen Begriffen von „Hass“ und „Fake News“, die beliebig weit ausgelegt werden können, regierungskritische, politisch nicht korrekte und letztlich oppositionelle Meinungen unterdrückt werden. Und die bisherige Praxis beweist, dass davon auch Gebrauch gemacht wird.

Das brauchen wir in Österreich sicher nicht!

PS: Der angeblich so große Leidensdruck der Bürgerinnen und Bürger durch Hasspostings äußerte sich 2018 in ganzen 714 Meldungen und 2019 in ganzen 489 Meldungen an das Bundesamt für Justiz. Im Vergleich dazu ging die deutsche Bundesregierung von über 25.000 Beschwerden pro Jahr aus. Es dürfte also eher der Leidensdruck von Heiko Maas und der Bundesregierung aufgrund der wachsenden Kritik an der Regierungslinie gewesen sein, der zur Erlassung des Gesetzes führte.

Dr. Susanne Fürst ist Rechtsanwältin und seit 2017 Nationalratsabgeordnete der FPÖ. Im Freiheitlichen Parlamentsklub ist sie Obmannstellvertreterin und für die Bereiche Verfassung, Menschenrechte und Geschäftsordnung verantwortlich. Fürst schreibt für unzensuriert regelmäßig die Kolumne „Rechtsansicht“.

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