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“Craft-Beer-Shop”: Mit völlig unbewiesenen Anschuldigungen löste die Ex-Grüne eine wahre Protestflut gegen den Wirt aus.

6. Juni 2018 / 18:22 Uhr

Bier-Wirt klagt “Stinkefinger-Zeigerin” Maurer – Bewährungsprobe für den Rechtsstaat

Lokalaugenschein am Mittwoch zu Mittag in der Strozzigasse 11 in der Josefstadt. Gesprächsfetzen aus der Nachbarschaft des “Craft-Beer-Shops”, auf den wir zusteuern. Sagt ein arabischer Nachbar des Bierlokal-Wirts zu jemand anderem: “Wo s Bier gibt, gibt s auch Faschisten.” Wie kommt er darauf? Gibt es etwa dort, wo kein Bier erlaubt ist, durchwegs Terroristen?

Unbewiesene Anschuldigungen bringen Wirt in mediales Kreuzfeuer

Der Betreiber des Geschäfts hat es unfreiwillig bis in die ZiB geschafft, alle möglichen “Qualitätsmedien”, z.B. hier der Kurier, dort der standard, griffen ungeprüft auf, was die ehemalige Grüne Wissenschaftssprecherin (und Stinkefinger-Zeigerin) Sigrid Maurer verlauten ließ: Der Mann habe sie mit obszönen Facebook-Postings belästigt.

Wirt erhält nach öffentlicher Namensnennung Morddrohungen

Maurer veröffentlichte die Nachricht samt Namen und Adresse des Biergeschäftsinhabers. Seitdem wird er, wie er unzensuiert mitteilte, ständig mit Drohanrufen, hasserfüllten Telefonnachrichten und verbalen und gestischen Unflätigkeiten von Passanten belästigt, bis hin zu Morddrohungen.

Keine Verantwortung für Äußerungen von Kunden

Was war passiert? Er hatte in seinem Geschäft den Kunden Zugang zu seinem Laptop gewährt, als “besonderes Service”, wie er erklärte. Kunden hätten oft zwischendurch ihre E-Mals gelesen, Musikwünsche eingegeben oder im Netz gesurft. Einer der Kunden muss diese an Naivität grenzende Gutmütigkeit des Wirts für sich ausgenutzt haben. Maurer dürfte sich durch ihren Stinkefinger-Auftritt in der breiten Bevölkerung ja eher wenig Freunde gemacht haben. Rechtlich gesehen ist der Besitzer des Rechners für Äußerungen fremder Nutzer jedenfalls nicht verantwortlich.

“Schreibweise” der Mails beweist gar nichts

Der Wirt, so sein Anwalt mit Namen Dr. Adrian Hollaender (und nicht, wie die ZiB untertitelte, Velika Kladusa), bestreitet glaubwürdig, dass er diese Postings geschrieben habe. Man könne an der Schriftsetzung, wie manche Medien durch Aufgreifen von Kommentaren nahelegten, nicht erkennen, dass es der Wirt persönlich gewesen sein soll. Vielmehr verwickle sich Sigrid Maurer in Widersprüche, wenn sie einmal sagt, sie sei beim Vorbeigehen von Gästen des Craft-Beer-Shops angepöbelt worden, und ein andermal, vom Wirten selbst.

Was ist an “Sexismus” strafbar?

Doch der entscheidende Punkt ist: Selbst wenn der Wirt die beleidigende Nachricht geschrieben hätte, was er nach eigenem und des Anwalts Bekunden nicht getan hat und was auch nicht beweisbar ist, wäre dies nicht strafbar. “Sexistische” und auch sonstige Beleidigungen zwischen Privatpersonen sind kein Gegenstand des Strafrechts. Zivilrechtlich kann man alles störende Verhalten eines anderen klagen, muss dann aber einige Kriterien nachweisen, um gegebenenfalls einen solchen Zivilprozess zu gewinnen.

Auch Maurer hätte zivilrechtlich klagen können

Übrigens wäre exakt dies das Vorgehen gewesen, zu dem man Sigrid Maurer hätte raten können. Es stimmt schlicht nicht, dass sie in diesem Rechtsstaat als Frau und “Opfer des Sexismus” keine Chance hätte, dagegen vorzugehen. Eine zivile Unterlassungsklage anzustrengen, wäre allerdings unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der breiten Medienöffentlichkeit und für Frau Maurer wohl als politisches “Comeback” deshalb keine Option.

Zweierlei Maß im “Täterschutz”?

Die ehemalige Grüne (gegenwärtig arbeitet sie für die Wissenschaftseinrichtung IHS, einschlägig gesponsort) hat pikanterweise 2017 die Kronen Zeitung geklagt, als berichtet hatte, Maurer hätte ihren Abgang aus dem Nationalrat mit dem “Stinkefinger” publik gemacht. Maurer betonte, die “Fuck you -Geste habe sich nicht gegen die Wähler (die die Grünen aus dem Parlament entfernt hatten), sondern gegen “Hassposter” nach einem TV-Auftritt Maurers gerichtet.

Wie dem auch sei, gerade von Grünen, die sich sonst vehement für Daten- und Täterschutz einsetzten, sei das öffentliche Anprangern und Vorverurteilen eines Menschen ohne vorherige Prüfung nicht zu erwarten gewesen, meint der Anwalt des bloßgestellten Bierlokal-Betreibers. Außer man unterstellt eine gewisse Doppelmoral, je nachdem, um welche Art von “Tätern” es geht, ließe sich hinzufügen.

“Sexistisch” und obendrein “rechts”?

Das Bierlokal befindet sich im Bruna-Sudetia-Haus (eine Studentenverbindung) in der Strozzigasse. Der Inhaber vermutet, dass Maurer fälschlich vom Verbindungshaus auf seine persönlichen politischen Ansichten geschlossen hat. “Ich habe sie nicht einmal gekannt”, betont er im Gespräch gegenüber unzensuriert, “und meine Kunden kommen aus allen politischen Richtungen zu mir, auch Grüne sind dabei, die wollen doch bloß Bier kaufen”. Dass er auf Facebook einige Zustimmungsbekundungen auf FPÖ-nahen Seiten, unter anderem auch bei unzensuriert, hinterlassen hat, macht ihn anscheinend in den Augen der “Shitposter” und Frau Maurers zum “Rechten”, also zum Vogelfreien.

Klage wegen übler Nachrede und Kreditschädigung

Sein Anwalt hat nun eine Privatanklage gegen Maurer eingebracht. Wörtlich sagte Hollaender gegenüber dem ZiB-Magazin.

Mein Mandant wurde hier in einer Weise an den Pranger gestellt, die eine Reaktion unumgänglich macht. Kein Mensch darf sich so in Persönlichkeitsrechte eingreifen lassen.

Die Klage lautet auf üble Nachrede (§ 111 StGB, Strafrahmen bis zu ein Jahr Haft oder Geldstrafe) und Kreditschädigung (§ 152, Strafrahmen bis zu sechs Monate Haft oder Geldstrafe) So ist nach dem Vorfall in den Sozialen Medien ein regelrechter “Shitstorm” auf den Wirt niedergegangen, auch massenhaft Negativbewertungen auf Google zum “Craft-Beer-Shop” scheinen auf, die gegebenenfalls erst nach einem gewonnenen Strafprozess rückgängig gemacht werden könnten. Sein geschäftliches Facebook-Konto hat der Wirt deaktivieren müssen und könne dort folglich nicht mehr werben. Wer im Netz nach dem Geschäft suche, lande bei Skandalartikeln.

Maurer droht ruinöses Schadenersatz-Verfahren

Die Beklagte muss sich nun vor dem Landesgericht für Strafsachen verantworten und im Falle einer gerichtlichen Niederlage – abgesehen von der Strafe – in einer festgesetzten Höhe für den immateriellen Schaden durch entstandene Unbill sowie den materiellen Verdienstentgang des Wirts aufkommen.

Bewährungsprobe für den Rechtsstaat

Ich hoffe, dass das Recht in Österreich für alle gleich ist, auch für eine relativ bekannte Politikerin.

sagt der Wirt, und der Jurist bekräftigt:

Das rechtsstaatliche Problem ist das An-den-Pranger-Stellen. Deshalb war eine strafrechtliche Reaktion erforderlich, und deshalb ist dieser Fall nicht nur der eines Bierladeninhabers und einer belästigten Dame, sondern eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat.

Auch der Eindruck zählt

Vor dem Geschäft geht eine junge Nachbarin vorbei, grüßt freundlich, wird nicht belästigt. Aus Einzelfällen darf man nichts schlussfolgern. Meine “Berliner Weiße”, Geschmacksrichtung Waldmeister (typisches Mädchengetränk, doch auch der Anwalt holt sich eine rosa ummantelte Biervariation aus der Kühlung) genehmige ich mir jedenfalls ohne das geringste Bedürfnis nach einer Armlänge oder gar einer Straßenbreite Abstand, wie Sigrid Maurer empfahl. Und Stinkefinger hat der Wirt auch keinen gezeigt.

Zur Glaubwürdigkeit tragen nicht nur die innere und äußere Widerspruchsfreiheit in den Aussagen bei, wie der Anwalt mir erläuterte, sondern auch der Eindruck, den jemand mache.

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