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22. September 2010 / 10:38 Uhr

Sexueller Missbrauch in Patchwork-Familien

Dass die Mehrzahl sexueller Missbrauchsfälle im Familienumfeld stattfindet ist inzwischen – durch verschiedenste Untersuchungen belegt – zur traurigen Gewissheit geworden. Familienumfeld ist dabei ein sehr unscharfer Begriff, der ausgehend von der Kernfamilie – Eltern und Geschwister – bis hin zu entfernteren Verwandten gehen kann. Aktuell steht ein Fall im Mittelpunkt des Medieninteresses, bei dem eine heute 16jährige ihre Großeltern des jahrelangen sexuellen Missbrauchs beschuldigt. Sie und zwei ihrer Nachbarn sind in Untersuchungshaft, es gilt die Unschuldsvermutung.

In unserer Gesellschaft sind neben der biologischen Familie sogenannte Patchwork-Familien alltäglich geworden; oftmals wird der biologische Vater vom Stiefvater oder neuen Liebhaber der Mutter abgelöst. In genau dieser Gruppe ist die Anzahl von Missbrauchsfällen besonders hoch.

Missbrauch durch den Stiefvater – altbekannte Tatsachen

David Finkelhor, Soziologe an der Universität New Hampshire und einer der renommiertesten Forscher auf dem Gebiet des sexuellen Missbrauchs, stellte bereits 1993 in einer Studie fest, dass es verschiedene Umstände gibt, unter denen Missbrauch signifikant höher ist. Der Missbrauch durch soziale Väter ist um ein vielfaches höher als jener durch biologische Väter. Auch jüngere Studien belegen das: Während leiblich Väter nur 2 Prozent der Täter stellen, wird jedes sechste Mädchen von ihrem Stiefvater missbraucht. Die Gefahr für Kinder, die bei mindestens einem Stiefelternteil aufwachsen ist wesentlich höher als für Kinder, die bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen – während in ersterem Fall bis zu einem Drittel der Kinder missbraucht wurden, liegt die Quote im letzteren Fall bei unter fünf Prozent.

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Auch für Polizisten und Sozialarbeiter, die mit Kindesmissbrauch zu tun haben, ist dies kein neues Phänomen. Stiefväter und neue Liebhaber gelten bei Kindesmißbrauch oft als potentielle Verdächtige. Diese haben vielfach nicht die gleiche emotionale Beziehung zu den Kindern wie der leibliche Vater. Um ihr neugewonnenes Glück nicht zu gefähren, schaut die leibliche Mutter teilweise weg.

Politisch heikles Thema in Österreich

Angesichts der laufenden Diskussion über die gemeinsame Obsorge ist das Thema in Österreich zur Zeit besonders heikel. Die verstärkte Kontrolle durch leibliche Väter bei gemeinsamer Obsorge könnte zumindest teilweise Schutz vor Missbrauch durch den neuen Lebensgefährten bieten. Als FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller die Thematik aufgriff und an die zuständigen Minister ausführliche Anfragen stellte, fielen die Antworten denkbar knapp aus. Frauenministerin Heinisch-Hosek und Justizministerin Bandion-Ortner gaben an, die entsprechenden Studien zu kennen, sahen aber keinerlei Handlungsbedarf. Wirtschaftsminister Mitterlehner, in dessen Ressort das Familien-Staatssekretariat angesiedelt ist, verwies auf eine Studie seines Ministeriums, deren Ergebnisse Anfang nächsten Jahres vorliegen sollen – eine lange Zeit für Missbrauchsopfer.

Foto auf der Startseite: Lienhard Schulz

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