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Nach wie vor werden männliche Ferkel in Deutschland ohne Betäubung kastriert. Das soll sich 2021 nun ändern.

31. Dezember 2019 / 12:00 Uhr

Tierschutz: Neue Vorschrift zur Ferkelkastration sorgt für Streit

Bisher dürfen Landwirte ihre jungen, männlichen Ferkel ohne jede Betäubung kastrieren beziehungsweise kastrieren lassen. Dies soll sich ab 2021 ändern, da das Herausschneiden der Hoden der jungen Ferkel als extrem schmerzhaft gilt und mit den Tierschutzgesetzen nicht vereinbar sei. Die betroffene Branche hat allerdings kaum Mittel zur Hand, so wird behauptet.

Kastration ohne Betäubung für besseren Umsatz

Jungen, männlichen Ferkeln vergeht das Lachen in Deutschland bisher schnell. Denn bis zu ihrem siebten Lebenstag dürfen die Ferkel – nach wie vor – ohne Betäubung kastriert werden. Dieser extrem schmerzhafte Vorgang dient einer ganz einfachen Sache: ohne Kastration würde das Fleisch von Ebern den sog. “Ebergeruch” annehmen. Dieser Geruch ist aber manchen Menschen unangenehm und so wird befürchtet, dass Fleisch der Eber sich weniger gut absetzen ließe.

Die Hoden von Ebern produzieren spezifische Hormone, welche über das Blut der Tiere natürlich auch in das Fleisch gelangt. Diese Hormone können den Geruch und sogar den Geschmack des Fleisches beeinflussen. Angeblich negativ, wie Landwirte und Lebensmittelbranche angeben. Dabei zeigen mehrere Studien, dass gerade einmal rund 5 Prozent aller männlichen Ferkel von diesen Folgen betroffen sind, wenn keine frühe Kastration stattfindet.

Kastration mit Betäubung? Es gibt Möglichkeiten

In Deutschland wurde also schon lange diskutiert und debattiert. Im Jahr 2013 wurde dann beschlossen, dass die Ferkelkastration ohne Betäubung mit Tierschutzzielen nicht mehr vereinbar sei. Demnach sollte die Ferkelkastration ohne Betäubung auch nur noch bis zum 31.12.2018 erlaubt sein. Die “qualvolle Prozedur” für die jungen Eber wurde dann aber Ende November 2018 um weitere zwei Jahre verlängert. Mit Mehrheit der Abgeordneten der CDU, CSU, SPD und der AfD. Nun soll 2021 das Verbot stattfinden. Und die Branche rund um Schweine und Schweinefleisch protestiert bereits kräftig. Klar, denn mit Tierschutz lässt sich in den wenigsten Fällen Geld verdienen und die Landwirte oder die Gesetzgeber müssen die Schmerzen der Ferkel schließlich auch nicht spüren. In jedem Fall stehen “mehrere Möglichkeiten” parat, so heißt es aus Tierschutzkreisen. Stimmen tut das aber “so nicht”, entgegnen viele Landwirte. Beispiel “Betäubung durch Gas”:

Das Gas “Isofluran” dient zur Narkotisierung. Dieses Gas ist für die Anwendung am Tier bereits zugelassen. Dennoch bemängelt der Deutsche Bauernverband, dass bisher noch keine “zertifizierten Geräte” zur Verfügung stünden. Tatsächlich fehlen diese zertifizierten Gerätschaften, wie es aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium heißt. Die Narkosegeräte würden “derzeit im Hinblick auf Tierschutz, Anwendersicherheit und Umweltschutz” zertifiziert. Es bleibt ein ganzes Jahr, bis die betäubungslose Kastration nicht mehr zulässig sein wird. Der Deutsche Bauernverband sieht allerdings Schwierigkeiten, sollten die zertifizierten Gerätschaften nicht zur Verfügung stehen binnen dieses einen Jahres. Was also tun, würde dieser Fall eintreten?

Gar nicht kastrieren wäre am tierfreundlichsten

“Gar nicht kastrieren”, fordern Tierschützer. Dem schließen sich auch viele Tierärzte an. Und tatsächlich muss der sogenannte Ebergeruch oder auch -geschmack ja nicht auftreten. Unkastriertes Mästen allerdings, wird von den Landwirten verneint. Denn Eber, die nicht kastriert wurden, würden eine erhebliche Herausforderung, bis hin zur Gefahr, darstellen. Diese männlichen Tiere fangen zu kämpfen an und verletzen sich dabei teils schwer. Schlachthöfe müssten zudem geruchsintensives Fleisch aussortieren. Nicht zu kastrieren würde also, so die Schlussfolgerung, zu Verlusten bei den Bauern, als auch der Lebensmittelindustrie führen. Eine legitime Annahme, wenngleich Ebergeruch und -geschmack nicht von allen Menschen als negativ empfunden werden. Was wir “gut” oder “schlecht” finden, ist schließlich subjektiv.

Die dritte Alternative wäre das Impfen gegen den Ebergeruch. Dabei wird die Hormonproduktion der Eber unterdrückt. Zudem findet diese Methode bei Tierschützern und -ärzten positiven Anklang und wird bereits erfolgreich in anderen Ländern durchgeführt. Aber auch diese Methode wird von den Bauern und der Lebensmittelindustrie verneint. Angeblich würde eine schlechtere Fleischqualität entstehen. Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar, angesichts mehrerer Schlachthöfe in Deutschland, die bereits jetzt geimpfte Eber abnehmen. Vielmehr scheint es um Mehrkosten zu gehen, die durch die nötige Impfung entstehen. Wie es scheint, geht es daher am Ende nur um Umsätze, ganz gleich wie sehr das Tier dafür auch leiden muss.

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