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5. Juni 2011 / 02:55 Uhr

VKI schont Prolactal: Almosen für Listerien-Opfer

QuargelPeter Kolba, Chefjurist des Vereins für Konsumenteninformation, hatte sich schon Anfang März öffentlich Sorgen um das Wohl des Käseherstellers Prolactal gemacht. „Die Schadenersatzforderungen sollten die Firma nicht finanziell überfordern“, sagte er im ORF-Fernsehen. Mit dem nun geschlossenen Vergleich ist das sicher nicht der Fall. Acht Opfer bzw. deren Hinterbliebene erhalten zusammen 76.000 Euro. Acht Menschen waren vor eineinhalb Jahren an dem mit Listerien verseuchten Quargel aus steirischer Produktion gestorben, rund viermal so viele großteils schwer erkrankt.

Quargel

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Für Listeriose-Opfer und ihre Hinterbliebenen gibt es nur finanzielle Almosen.
Foto: Chmee2 / WIkimedia

Knapp 10.000 Euro bezahlt also Prolactal für ein Menschenleben oder für eine heimtückische Listeriose-Erkrankung, von der sich die Betroffenen – oft alte oder schon vorher chronisch kranke Menschen – teilweise bis an ihr Lebensende nicht mehr gänzlich erholen werden. Der VKI hat seine zwielichtige Rolle bis zum Schluss durchgehalten. Erst empfahl man den Konsumenten, einfach die Rinde vom Käse abzukratzen und wagte keinen einzigen Gedanken in Richtung Verantwortung des schlafenden Gesundheitsministers, dann sorgte man sich mehr um den Käseproduzenten als um dessen Opfer, die man im Wege einer Sammelklage vertreten sollte, und jetzt riet man den Menschen zu einem Vergleich, der dem ihnen widerfahrenen Leid Hohn spricht.

„Ich halte den auch deswegen für sehr gut, weil viele der Geschädigten betagte Menschen sind, und wer da rasch hilft, hilft doppelt“, sagte VKI-Jurist Peter Kolba. Von rascher Hilfe war bei der Justiz wieder einmal keine Rede. Immerhin zeitgleich mit der Fixierung des Vergleichs kündigte die Grazer Staatsanwaltschaft an, mit den strafrechtlichen Ermittlungen nun bald fertig zu sein. Allerdings warte man noch auf ein medizinisches Gutachten. Fünf Mitarbeiter der Firma Prolactal könnten wegen fahrlässiger Gemeingefährdung mit Todesfolge angeklagt werden. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ob sich andere Opfer – es gab weit mehr als jene acht, die sich vom VKI vertreten ließen – an dem Verfahren als Privatkläger beteiligen, ist nicht bekannt. Macht die Justiz in dem Tempo weiter, so wird es wohl noch mindestens weitere eineinhalb Jahre dauern, ehe ihnen Schadenersatz zugesprochen werden könnte. Voraussetzung dafür ist allerdings eine strafrechtliche Verurteilung, da sonst zivilrechtlich kaum etwas zu holen sein dürfte. Nicht nur des Prozessrisikos, sondern vor allem der exorbitanten Verfahrensdauer wegen hatte der VKI es leicht, den Opfern finanzielle Almosen als ein tolles Ergebnis zu präsentieren.

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